Annette Funke  

Die Verkörperung des Weiblichen formt und hinterfragt gesellschaftliche Narrative über Frauen. In der Kunstgeschichte sind Frauen oft nicht nur abgebildet, sondern auch als Symbole für Ideale, Wünsche und gesellschaftliche Normen inszeniert worden. Diese Darstellungen sind Spiegelbilder der Zeit, in der sie entstehen und gleichzeitig Träger von Bedeutungen, die über Generationen hinweg weitergegeben werden.

Der vom französischen Sozialphilosophen Pierre Félix Bourdieu (1930 bis 2002) geprägte Begriff „Habitus“ zeigt die Abhängigkeit des ökonomischen, kulturellen, symbolischen und sozialen Potenzials eines Individuums von den Bedingungen seiner normativen Interaktion. Je komplexer die Gesellschaft organisiert ist, desto mehr wachsen individuelle Handlungsspielräume, die wiederum sozialen Wandel und Innovation beschleunigen. Demnach beeinflusst die Art und Weise wie Frauen in der Kunst dargestellt werden nicht nur das individuelle Selbstverständnis, sondern stößt auch gesellschaftliche Prozesse an, die Wechselwirkungen zwischen Identität, Geschlecht, Macht und Repräsentation untersuchen.

„Ikonen“ setzt sich mit historisch aufgeladenen Frauenbildern und ihren verschiedenen Deutungsebenen auseinander und stellt sie sie ins Zentrum eines für sie geschaffenen Bildraumes. In Anlehnung an die Bildsprache von Heiligendarstellungen bestimmen sie die jeweiligen Szenen, die von ihnen ausgehen. Die Dramaturgie der Papierschnitte kehren assoziativ die verschiedenen Facetten der überhöhten Frauenfiguren nach außen. Der den Figuren eingeschriebene „Habitus“ demonstriert ihr ökonomisches, kulturelles, symbolisches und soziales Potenzial und macht seine Abhängigkeit von den Bedingungen seiner normativen Interaktion deutlich. Je komplexer sich Szenen gestalten, umso mehr erweitern sich die Handlungsspielräume der Figuren.